Donnerstag, 9. Juni 2011

La Rioja / ARG - Mendoza / ARG - Santiago de Chile / CHI - Bahia de Caraquez / ECU

Ein nettes Lauberl im Herbst


hier herbstlt es im Mai schon gewaltig
Die Strecke La Rioja - Mendoza ist eine gemütliche 8 Std. Tagesfahrt und wir genießen die Landschaft.
Schnurgerade zerschneidet die Fahrbahn die trockene Ebene und verschwindet am Horizont. Die endlose Weite wird nur westlich von den Anden mit teils schneebedeckten Gipfeln begrenzt. Wildpferde jagen zwischen trockenem Gestrüpp über ausgedörrtes Gras, eine tote Kuh verwest am Straßenrand. Der Wind wirbelt Sand auf und manchmal kreuzen Wüstenfüchse die Straße.
Kurz vor Mendoza bekommt das Landschaftsbild wieder Farbe. Vom Herbst golden gefärbte Pappeln säumen unseren Weg. Strahlend rot gefärbte Weinfelder grenzen an samtgrüne Olivenhaine und abgeerntete Obstbäume leuchten in allen Orange- und Gelbtönen in der Sonne.



Mendoza selbst ist eine relativ ruhige kleine Stadt. Trotzdem entpuppt sich unsere Quartiersuche diesesmal als etwas schwierig und nicht nur einmal müssen wir mit schwerem Gepäck Zwischenstation in einem Cafe machen, um uns mit einem Cappuccino zu stärken. Bis wir endlich ein kleines, nettes Hotel mit stimmigem Preis-Leistungsverhältnis finden. An der Reception Oscar, ein gepflegter, quirliger, älterer Herr mit verschmitztem Lächeln und lustigen Augen, der Chef persönlich. Schnell verwickelt er uns in ein Gespräch über Gott und die Welt, über Einwanderer, Österreicher und die argentinische Lebensart im Besonderen. Er in Englisch, weil er wills lernen, wir zurück in Spanisch, aus demselben Grund.
Bis er sich über den Tresen beugt und mit ernster Robert de Niro Stimme verkündet: "Por los Argentinios, Football es TODO!" (wörtlich:" für die Argentinier, Fußball ist ALLES!") und mit Schmerz in den Augen erzählt er uns von der argentinischen Niederlage gegen die Deutschen im Endspiel der 1990er WM in Rom. Den deutschen Andi BreHme, der den entscheidenden Elfmeter verwandelte, mag hier natürlich keiner, aber dem mexikanischen Finalschiedsrichter Edgar Codesal "der den Deutschen den Elfer geschenkt hat", haben sie bis heute nicht verziehen. Wir kontern mit unserer Cordoba-Geschichte (aus dem Jahr 1978!!) und wie wir Österreicher damals die Deutschen betonierten, und weshalb jeder Österreicher, wenn er schon mal nach Argentinien kommt, nach Cordoba pilgern muß, um in diesem legendären Stadion einen Kranz niederzulegen. Jetzt kann Oskar auch wieder lachen.



Aber in Mendoza sind wir nicht nur um Land und Leute kennen zu lernen, sondern vor Allem um ihre weltbekannten Weine zu verkosten. Schließlich kommen dreiviertel des argentinischen Weins aus dieser Provinz. Wir stellen uns die Gegend mit Weinkellern ähnlich wie unsere Südsteiermark vor, und hoffen, dabei nicht zu viel zu erwarten. Nur, wie erkundet man diesen Teil am Besten? Die Idee, Tagesausflüge aufs Land mit Weinverkostungen zu machen und dann mit dem Bus am späten Nachmittag wieder zurück in die Stadt zu pendeln, gefällt uns nicht. Ein Auto zu mieten verwerfen wir auch nach der 4. Preisanfrage und entscheiden uns für die dritte und beste Möglichkeit. Mit den "Öffis" fahren wir nach Maipu, in der Umgebung von Mendoza, und mieten uns dort (für nur umgerechnet insgesamt EUR 15 ) zwei Fahrräder für zwei ganze Tage.
So genießen wir radelnd unsere letzten Tage in Argentinien und den würdigen und gemütlichen Ausklang unserer insgesamt 10-wöchigen Südamerikareise.







wen d'Jausn stimmt...
Bei einer äußerst liebenswürdigen Familie können wir uns ein Apartment für zwei Nächte mieten, mitten zwischen Weinreben und Olivenbäumen. Radelnd schleichen wir auf einsamen Wegen von einem Weinbauern zum nächsten, genießen in der warmen Spätherbstsonne bei ausgezeichneter Küche vorzüglichen Wein.











Hauptsächlich Malbec und etwas Pinot Noir und Cabernet Sauvingnon. Sogar einen "100% Organic Wein" (vollbiologisch) bekommen wir angeboten. Der Winzer arbeitet hier mit natürlicher Schädlingsbekämpfung, statt Chemie und setzt zwischen seine Rebstöcke verschiedene Bäume und Pflanzen. Das Ergebnis kann sich sehen und besonders schmecken lassen! 
















di8e 6000der der Anden
Leider sind wir jahreszeitlich schon etwas spät dran und es wird beim radeln manchmal empfindlich kalt. Vor allem der gigantische Blick über farbenfrohe Weinfelder auf die schneebedeckten 6000er in der Ferne läßt uns frösteln und so müssen wir uns einige Male "aufwärmen". Wir lassen uns durch große, moderne Betriebe mit architektonischer Finesse führen (a la Tement) und besuchen kleine Familienbetriebe, die am Ende einer Pappelallee mit toskanischem Flair aufwarten. Die herbstliche Stimmung, der Wein und die Ruhe lassen uns melancholisch auf unsere fantastischen Erlebnisse in Südamerika zurückblicken.



Der Heimweg führt uns mit dem Bus hinauf in die Anden nach Santiago de Chile und mit dem Flieger zurück nach Guayaquil in Ecuador. Die Strecke in die höchsten Berge Südamerikas, wir erhaschen einen Blick auf den Aconcagua (knappe 7000m hoch), ist nochmals atemberaubend schön. An der Grenze zu Chile auf ca. 3000m liegen noch Schneefelder, von der untergehenden Sonne in glitzerndes Licht getaucht. Auch zwei Condore ziehen zum Abschied nochmals majestätisch ihre Kreise über eisige Andengipfel. Wir nehmen diese letzten Eindrücke auf, bevor uns die Dunkelheit verschlingt und wir in der Großstadt Santiago aufwachen.
Spannend bleibt es für uns dennoch. Früh morghens um vier starten wir zu unserer letzten Etappe. Den ganzen Tag verbringen wir in Flugzeugen und an Flughäfen und zum Schluss noch nervenaufreibende 6 Stunden Busfahrt, bis wir in Bahia de Caraquez um Mitternacht ankommen. Den ganzen langen Tag beschäftigt uns eine Frage "Wie hat unser schwimmendes Heim die letzten Monate unbewohnt überstanden?"



Liebe Grüße
Die Alchemisten


   

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